Heute stelle ich eine der zahlreichen Gothic-Compilations vor, die ich im Laufe der Jahre gesammelt habe, die 3-CD-Box Undead – 50 Gothic Masterpieces aus dem Jahr 1996. Sie enthält eher zu unrecht unterbewertete Songs und Künstler. Das Cover ziert klischeehaft ein Bild des Dracula-Darstellers Bela Lugosi und wer daher erwartet, dass der Song „Bela Lugosi’s Dead“ von Bauhaus, unbestritten ein „Masterpiece“, enthalten ist, der wird enttäuscht. Der Opener ist allerdings die B-Seite dieses Klassikers, „Boys“. Die Trackliste könnt ihr bei Discogs nachlesen, ich möchte hier nur einige Highlights vorstellen.
Play Dead waren mit eine der ersten britischen Bands, die aus dem Punk in Richtung Post-Punk und Gothic-Rock gingen. Ihre ersten beiden Singles wurden 1981 veröffentlicht, 1982 waren sie das erste Mal bei John Peel zu Gast und 1983 folgte ihr Debüt-Album „The First Flower“. Insgesamt brachten sie es bis 1985 auf drei Studioalben und eine Singles-Compilation. Sie tourten mit Killing Joke, The Cult und The Sisters Of Mercy, konnten jedoch nie aus den Schatten der Genregrößen treten, obwohl es ihre Studioalben alle in die UK-Indie-Top10 schafften. Zufällig habe ich im kommenden GothDiscoInferno einen Song ihres letzten Albums „Company Of Justice“, das 1985 von Conny Plank, der unter anderen auch mit Neu!, Kraftwerk, D.A.F., Eurythmics und Ultravox gearbeitet hat, produziert wurde. Zwei Songs von Play Dead befinden sich auf „Undead“.
Die Sex Gang Children teilen das Schicksal von Play Dead. Aufgrund ihrer ganz eigenen Musik, die dem Batcave zugeordnet wird, sind sie nicht über einen Geheimtipp-Status hinausgekommen. In ihrer ersten aktiven Phase von 1982 bis 1984 wurden ein Album und diverse Singles produziert, darunter Szenehits wie „Sebastiane“ und „Dieche“. Das Album erreichte Platz 1 in den UK-Indiecharts. Danach löste sich die Band zunächst auf und besteht seit 1992 bis heute fort. Auch die Sex Gang Children sind zweimal auf der Compilation vertreten.
Was bekommt eins, wenn Carl McCoy von Fields Of The Nephilim subtrahiert wird? Rubicon. Nachdem der Fields-Sänger die Band 1991 verlassen hatte, machten die verbliebenen Musiker mit dem bis dahin unbekannten Sänger Andy Delany unter diesem Namen weiter. Musikalisch durchaus solide, allerdings fehlt ohne die charismatische Stimme von Carl McCoy das gewisse Etwas, das die Fields Of The Nephilim auszeichnet. Nach zwei Alben war 1995 dann auch schon Schluß mit dieser Ära. Die erste Rubicon-Single ist auf dieser Compilation zu hören.
Ansonsten sind auch viele bekannte Vertreter des Genres dabei, wie The Damned, The Lords Of The New Church, Red Lorry Yellow Lorry, The Stranglers sowie die The Sisters Of Mercy-Ableger The Mission und Ghost Dance. Außerdem Iggy & The Stooges und Nico. Nicht alles ist streng genommen „Gothic“, das zeigt einerseits die Vielfalt des Genres und auch dessen Wurzeln.
Oft sind ja auf Genre-Samplern immer dieselben Bands und Lieder zu finden, das ist bei dieser Box glücklicherweise anders. Zwar wirkt der Begriff „Masterpieces“ ein wenig groß, schließlich fehlen wichtige Vertreter des Genres, auf der anderen Seite machen gerade die unbekannteren Bands den Reiz aus. Als Sammlerstück ist die Box eine schöne Sache und gleichzeitig durchaus anhörbar.
Von dieser Box gibt es zwei Wiederveröffentlichungen, eine von 1999 mit einem anderen Artwork und eine von 2001, die den reißerischen Untertitel „The Greatest Goth Collection Of All Time“ trägt. Die Trackliste ist bei allen Ausgaben identisch.