Ich bin Veganer. Woran erkennt ihr das? Nun, ich sage es euch. Ich muss immer versuchen, euch meine Meinung aufzuzwingen, euch zu missionieren. Dabei ist Veganismus keine Meinung, vielleicht eine Mission, doch keine Religion. Veganismus ist faktenbasiert und darüber will ich hier schreiben.
Veganismus wird häufig als „Ernährungsweise“ bezeichnet und ich möchte nicht verschweigen, dass es sicherlich vegan lebende Menschys gibt, die vornehmlich die gesundheitlichen Vorteile schätzen. Das sind jedoch eher Menschys, die sich pflanzlich (Englisch „plant-based“) ernähren und die es auch wieder lassen, wenn sich ein erwünschter gesundheitlicher Effekt nicht einstellt oder aufgrund einer falschen Ernährung oder fehlender Nährstoffzufuhr Mangelerscheinungen auftreten. Das betrifft vor allem das Vitamin B12, welches in jedem Fall supplementiert werden muss. Übrigens soll dies auch für Personen gelten, die tierische Nahrungsmittel konsumieren, denn auch bei denen ist die B12-Aufnahme nicht immer ausreichend, beispielsweise im Alter Ü65 oder bei regelmäßigem Alkoholkonsum, der ja durchaus weit verbreitet ist. Dieses Vitamin wird von Bakterien gebildet, die im Boden leben. Damit die Nutztiere damit versorgt sind, wird es auch über das Futter verabreicht. Eins kann also das supplementierte Vitamin entweder über das gegessene Tier aufnehmen oder selbst beispielsweise in Tabletten- bzw. Tropfenform. Auf die Nährstoffe sollten alle, auch Fleisch konsumierende („Omnis“) achten und im Zweifel Nahrungsergänzungsmittel nehmen, die gibt es auch schon länger als den „Vegan-Hype“ („versorgt von A bis Zink“).
Welche Beweggründe kann es noch geben, tierische Produkte abzulehnen? Ich schreibe hier bewußt „tierische Produkte abzulehnen“ und nicht „auf tierische Produkte zu verzichten“, denn es ist eher Ablehnung als Verzicht. Da wären die Ethik und das Klima. Ja, Klimaschutz fängt auf dem Teller an. Das klimaschädlichste Lebensmittel ist die gute Butter, die wir nicht nur zum Brot schmieren und Kuchen backen nehmen, sondern als Butterreinfett in vielen ansonsten veganen Lebensmitteln Verwendung findet. Danke dafür. Nicht. Platz 2 im Ranking der Verursacher von Hochwassern und Dürren geht an Rindfleisch und Bronze bekommen Milchprodukte. Es ist ziemlich offensichtlich, dass „vegetarisch für das Klima“ nicht funktioniert. Sorry, not sorry, Herr Özdemir!
Nun muss ich gestehen, dass viele vegane Lebensmittel wie Südfrüchte und Nüsse häufig eine lange Reise hinter sich haben, bis sie im Super- oder Bio-Markt liegen. Das betrifft allerdings nicht nur vegan lebende Personen, denn Omnis essen (hoffentlich) auch mal Obst und Gemüse, sonst gibt es einen Mangel an Vitamin C („Skorbut“). Die CO2-Bilanz liegt dennoch unter den tierischen Lebensmitteln auf dem Siegertreppchen. Und wer jetzt denkt „Ja, aber für Tofu wird doch der Regenwald abgeholzt und das dort angebaute Soja hierher geflogen oder verschifft“, der hat sich Jonathan-Frakes-mäßig aufs Glatteis führen lassen, die Geschichte ist nämlich frei erfunden. 85% des Sojas, für den der brasilianische Regenwald weichen muss, wird zu Tierfutter für die Massentierhaltung auch in Deutschland. Das Soja, aus dem die hier erhältlichen leckeren Tofuprodukte gemacht werden, stammt aus Europa und ist nicht genverändert sondern Bio-zertifiziert. Regionales Obst und Gemüse ist in jedem Fall klimaschonender als regionale Tierprodukte.
Halten wir fest, jeder Klimaaktivisty sollte vegan sein, ich finde es $Kraftausdruck, wenn sich die ehrenamtlich Helfenden von $Naturschutzorganisation zum Essen beim Griechen einfinden oder einen fleischlastigen Grillabend veranstalten. Klimaschutz fängt auf dem Teller an.
Apropos „… sollte vegan sein“, Veganismus wird häufig als Religion bezeichnet, was völliger Unsinn ist, was aber zutrifft ist, dass die Gläubigen, deren Religion die sich auf das alte Testament berufen, vegan sein sollten. Dort gibt es die Stelle 1.Mose 1,29, die aussagt, dass Gott den Menschys Samen gab, die diese einpflanzen sollten, um sich von den Früchten zu ernähren. Von Massentierhaltung oder überhaupt Tiere essen steht da hingegen nichts. Dazu gibt es auch ein Buch: „Why every Christian should be a Vegan!„
Der in meinen Augen wichtigste Grund, vegan zu leben und mein „warum“ ist die Ethik. Ich halte es für unethisch, unmoralisch und unendlich grausam, Tiere für einen kurzen Moment des „Genusses“ zu töten, ganz gleich ob in der Massentierhaltung oder Weidehaltung, konventionell oder Bio. Alle Haltungsformen kommen am Ende zum gleichen Ergebnis: Den Tod eines fühlenden Lebewesens. Das ist der Punkt. In der Bibel steht „Du sollst nicht töten“ und §1 des Tierschutzgesetzes besagt, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Für mich ist es kein vernünftiger Grund, ein Tier zu töten, um es zu essen. Schließlich gibt es ausreichend pflanzliche Nahrungsmittel, die wir zu uns nehmen können. Einzig die Fleischindustrie hat durch jahrzehntelange Werbung („Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“) dafür gesorgt, dass Fleisch als unverzichtbar angesehen wird. 15 Mio. € will sich die Industrie das aktuell jährlich kosten lassen. Interessant, dass soviel Geld ausgegeben wird, um Produkte zu bewerben, die sowieso omnipräsent sind. Das muss die Angst vor den immer mehr aufkommenden veganen Ersatzprodukten sein, die den Omnis den Ausstieg aus dem Fleischkonsum erleichtern sollen und im Verdacht stehen, „reine Chemie“ zu sein. Gesünder als hochverarbeitete Lebensmittel, ganz gleich ob mit oder ohne Fleisch, ist es, selbst zu kochen. Einfach in die Suchmaschine des Vertrauens den Namen des Lieblingsgerichtes eingeben und mit „vegan“ ergänzen, schon tauchen jede Menge Rezepte in der Trefferliste auf. Und wer sich hauptsächlich von Fertiggerichten ernährt, der wird auch in der Zutatenliste der tierischen Produkte eine Menge Zusatzstoffe finden, warum sich also aufregen?
Die vier Gründen für den Konsum tierischer Produkte sind Tradition, Gewohnheit, Geschmack und Bequemlichkeit. Und alle bedeuten, dass sich mit der Ernährung nicht auseinandergesetzt wird. Das führt unter anderem dazu, dass ein Markus Söder die Weißwurst bis aufs Blut verteidigt und sich Alice Weidel ihr Schnitzel nicht wegnehmen lassen will. Tradition um jeden Preis. Und der Preis ist hoch, für die Gesundheit, für die Umwelt und vor allem für die Tiere.
Und ja, wir Veganys sind nicht perfekt. Wir versuchen nur, Tierleid so weit es praktisch durchführbar ist, zu vermeiden. Das klappt im Alltag schon ganz gut, doch es gibt Produkte, für die es keine vegane Alternativen gibt, z. B. Smartphones und Fahrradreifen. Darf unsereins diese dann nicht nutzen? Sind wir sonst Heuchler, wo doch die größere Heuchelei ist, Hunde und Katzen zu streicheln und Kühe und Schweine zu essen? Die kognitive Dissonanz ist nicht auf unserer Seite.
Es darf schließlich nicht vergessen werden, dass die Entscheidung, vegan zu leben, in den seltensten Fällen egoistische Gründe hat. Die Nachfrage nach tierischen Produkten wird ein Stück weit reduziert, damit auch das Tierleid. Die Umwelt profitiert davon und auch die prekär beschäftigten Mitarbeitenden in den Schlachthöfen beispielsweise. „Tradition, Gewohnheit, Geschmack und Bequemlichkeit“ sind dagegen egoistische Gründe, am System „Tierausbeutung“ festzuhalten. Gründe, die nicht auf einer freien Entscheidung beruhen, sondern anerzogen und nie ernsthaft hinterfragt wurden. Schon die Kinder lernen zwar, Tiere süß zu finden und keinesfalls zu quälen, was ja auch unserer Ethik und Moral entspricht, dass in Gummibärchen Gelatine drin ist und für Milch Kälber sterben, bleibt unerwähnt. Wer in diesem carnistischen System aufwächst, kommt schwer heraus. Auch Erwachsene, die alle Infos zu den Auswirkungen des Tierkonsums haben und im Supermarkt selber entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgeben, tun sich sehr schwer damit, die Komfortzone zu verlassen. Dabei könnte hier der Markt wunderbar regeln. Der Markt sind nämlich wir, die Konsumenten, nicht die Lobbyisten. Selbst Tönnies hat die Zeichen der Zeit erkannt und stellt, wie Rügenwalder, in seinen Fabriken auch vegane und vegetarische Produkte her und das hat nur mit Geschäftemacherei zu tun.
Go vegan!
@bauhausmensch Warum glauben Veganer, dass Pflanzen ethisch weniger wert sind als Tiere? Weil sie menschenähnlicher sind und der Mensch die Krone der Schöpfung?
@K_Reuss_Manaus
Selbst wenn dies der Fall ist, ist Veganismus die korrekte Antwort. Denn um den eigenen Nahrungsmittelbedarf zu decken, müssen andere Lebewesen verzehrt werden, ob Pflanze oder Tier.
Nur: warum soll dann das Tier erst mit der sechsfachen Menge an Pflanzen gemästet werden, um dann verzehrt zu werden? Der Direktverzehr pflanzlicher Lebensmittel bedeutet auch hier weniger (Pflanzen-)Leid.
@bauhausmensch
@Firestarter_OL @bauhausmensch Sorry, aber der Unterschied zwischen vegetarisch und vegan beträgt weniger als 1% und nicht 600%. (1 Milliarde ha vs 1,01 Milliarden ha)
Aber beides ist viel zu viel, wenn es möglich ist ohne Landverbrauch zu arbeiten. Das machen nämlich Foodforests und Waldgärten.
Direktverzehr von Pflanzen würde eben Gentechnik, angereicherte Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel ausschließen!
@K_Reuss_Manaus
Sorry, aber da gehe ich nicht mit. Woher hast Du die Zahlen? Tiere verarbeiten ihre Nahrung nicht nahezu verlustfrei. Erst recht nicht zu Sekundärprodukte wie Milch oder Eier.
@bauhausmensch
@Firestarter_OL @bauhausmensch Wo hab ich das gesagt? – Ich beziehe mich auf World In Data, bzw. auf die Studie von Joseph Poore und Thomas Nemecek, die Veganer so gerne benutzen.
https://ourworldindata.org/land-use-diets
@K_Reuss_Manaus
Danke.
Allerdings sehe ich folgendes: der marginale Unterschied besteht, wenn Fleisch und Milchprodukte weggelassen werden (was nicht der Definition "vegetarisch" entspricht) ggü. veganer Ernährungsweise. Bei vegetarischer Ernährung sind immer noch Milch und Eier dabei.
In dieser Grafik wird deutlich: vegetarische Ernährung halbiert den Flächenverbrauch, vegane reduziert das nochmal um die Hälfte:
https://imagedelivery.net/qLq-8BTgXU8yG0N6HnOy8g/74e64538-daf1-4c9b-d08f-0a4bb2171f00/w=2098
@bauhausmensch
@Firestarter_OL @bauhausmensch Du musst die Spalte anschauen, in der nur Eier und Fisch erlaubt sind. Und das ist sicher nicht vegan. 1,00 Milliarden Hektar vs. 1,01 Milliarden Ha. – beides viel zu viel!
Im Gegensatz zu den beiden Varianten verbrauchen Foodforests/Waldgärten kein Agrarland, sondern renaturieren das Land!
@K_Reuss_Manaus
Und das ist nicht mal vegetarisch.
Vegetarisch: keine toten Tiere. Also auch kein Fisch, aber dafür Milch und Ei.
Vegan: keine Tierprodukte. Also auch kein Fisch, kein Ei und keine Milch.
Wir sollten uns schon über die Definitionen einig sein.
@bauhausmensch
@Firestarter_OL @bauhausmensch Ein Ernährungsweise, die weder vegan noch vegetarisch ist, kommt also auf weniger als 1% mehr als vegan
Und dafür pusht du die Chemie- und Genfood-Lobby: Kognitive Dissonanz at its best!
@K_Reuss_Manaus
Hä? 🤔
Weder vegan noch vegetarisch bedeutet omnivor=alles essend, mit individuellen Vorzügen und Abneigungen.
Und welche Chemie- und Genfood-Lobby soll Deiner Meinung nach wodurch gepusht werden?
Wenn Du in der Ernährung Fisch und Eier zulässt, aber klimaschädliches Fleisch und Milch weg lässt, würde ich es als "Klimatarier" bezeichnen. Das ist auch ok. Es lässt aber andere Umweltprobleme (Tierleid, Überfischung usw.) außen vor.
@bauhausmensch
@Firestarter_OL @bauhausmensch Über die "Wichtigkeit von Nahrungsmitteln" hast du ja im Ausgangströt ausgiebig referiert. Erst einmal muss jedes isolierte Protein (z.B. Isoliertes Weizenprotein "Isolated Whey Protein") chemisch aus Pflanzen extrahiert werden. Und B12 kann nicht einmal direkt aus Pflanzen extrahiert werden, sondern muss von genveränderten Mikroben extra produziert werden.
@K_Reuss_Manaus
Ok.
@bauhausmensch
@Firestarter_OL @bauhausmensch 132.000 Tonnen vegetarischer Fleischersatz – und da ist noch nicht einmal angereicherter Milchersatz enthalten – entspräche 86 kg pro jedem der 1,6 Millionen Vegetarier oder dem Jahresbedarf von 4 kg (laut WHO) für 33 Millionen Menschen.
Mit Tierleid hast du 100% recht, aber das gilt genauso für vegan und vegetarisch. Es kommt auf das "Wie" an. Und das zeigt, dass Definitionen wie "vegan", "vegetarisch" oder "pflanzenbasiert" nur (noch) Marketing Labels sind!
@Firestarter_OL @bauhausmensch Wir sprechen von "artgerechter Haltung" von Tieren, die auch technische Vorgaben sind, und dem tatsächlichen, natürlich Lebensraum von Tieren nicht im Entferntesten entsprechen.
Dass auch Pflanzen leiden, wenn sie nicht in ihrem entsprechenden Ökosystem wachsen, wird leider völlig ignoriert!
Hunderte Quadratmeter sortenreiner, maschinenfreundlicher Anbau (bis hin zu zigtausenden von Hektar) wobei in ihrem Habitat hunderte von Arten auf einem Quadratmeter leben.
Danke für die umfassende Darstellung. Mal ein Kommentar zu “ hochverarbeitete Lebensmittel“: Was soll das eigentlich konkret heißen? Ist ein Nahrungsmittel allein deshalb schon schlecht, weil es z.B. mittels eines Extruders in die gewünschte Form gebracht wird? (wie etwa Sojasteaks etc.) Oder weil es gelungen ist, verschiedene Bestandteile so zu verbinden, dass es „fleischähnlich“ aussieht und schmeckt? Warum?
Kommt es nicht eher darauf an, was das jeweilige Produkt alles enthält an Zusatzstoffen, Geschmacksverstärkern, E-Nummern, Emulgatoren? Wobei Letztere nicht per se schädlich sind, auch Senf in der Salatsoße ist ein Emulgator – und dass „Hefe“ von einigen als böser Geschmacksverstärker gebasht wird, halte ich auch für unsinnig!
Kürzlich habe ich das Planted.Steak entdeckt und war bass erstaunt, dass es unglaublich gut schmeckt, einen tollen Biss hat und seine recht kurze Inhalte-Liste nicht ein einziges kritikwürdiges Detail enthält! (Mehr dazu siehe Namenslink). Klar ist das „hoch verarbeitet“, es wächst nicht so an einer Planze. Aber WAS soll daran ungesund sein?
[…] Vegan ich ihnen helfen? – ein ausführliches Plädoyer für die vegane Lebensweise (ich bin zwar „flexitarisch“ unterwegs, supporte das aber dennoch). […]